22. Mai 2016

Inkonsequenzen tragen

Ah, ich liebe es wenn ein Plan funktioniert.

Vor knapp einem Jahr hatte ich nicht wirklich ein konkretes Bild über meine vorhandene Garderobe. Einige Kleidungsstücke und vor allem Schuhe (!) waren stets in den oberen, schwer zugänglichen Fächern meines enormen Einbauschranks versteckt (hallo 4 m hohe Decken!), andere in die viel zu kleinen Schubladen gequetscht oder werweißwo im Hausflur verstreut. Ich hatte keinen Plan, und vor allem in der noch immer etwas neuen Umgebung der Managementetage kein Stilbewußtsein für mich selbst. Also habe ich drei Jahre lang immer wieder die gleichen Anzüge und Hemden getragen, kombiniert mit "vernünftigen" Schuhen. Aber wie es nun mal so ist für sehende Wesen: wir werden langsam zu unserer eigenen Reflexion im Spiegel, und irgendwann habe ich mich selbst angeödet.

Statt in alte Muster zu verfallen und alles wieder neu anzuschaffen in der Hoffnung, durch identisches Verhalten ein neues Ergebnis zu erzwingen der Schritt in die andere Richtung. Seitdem fotografiere ich in unregelmäßigen Abständen mein Hab und Gut in unterschiedlichen Koordinaten. Was schon die Alten sungen und immer wieder auf Blogs und in Stilbibeln wiederholten ist einfach wahr: nutze das, was Du hast, und kombiniere es neu.

Soon...

Die letzte Volkszählung hat 22 Altteile und 7 Neuteile ergeben, die übrig sind. Ich bescheiße meine eigene Statistik, dazu aber später. Bei einem Neuteil bin ich mir dazu sicher, daß es erst wieder im Herbst zum Einsatz kommt, soviel Karenzzeit kann ich ihm geben. Die rote Leinenbluse von Uniqlo ganz links hat einen wasserblauen Zwilling, der sich sehr gut geschlagen hat. Gestern war ich auch absolut versucht, rot zu sehen, habe mich aber dann für die knallrote Sandro-Crossbodybag entschieden, die natürlich nicht auf dem Bild ist.

Sand und blau.

Less ist less, und die Farben der Khaleesi warten auf die letzten Tage. Für die Fünf stehen die Chancen sehr gut, die hellblaue Tunikabluse von Zara ist tatsächlich bestickt und ein wundervolles Urlaubsteil. Darunter eine khakifarbene Viskosehose (witziges Wort) von Esprit, das Ding wiegt quasi nichts und ist eine Art Flugzeughose für Indiana Jones-Reisende. 

Zu knapp kalkuliert.

Die Abendtäschchen bangen noch, ich muß mich ranhalten. In diesem Schuhschrank sollten eigentlich meine Freizeitschuhe sein, wenn ich die momentanen Temperaturen anschaue vermisse ich Sandaletten en masse. Die zweite Reihe von unten gehört eigentlich nebenan, einige Businessschuhe kommen wohl noch ins Saisonlager.

Neat 'n' pretty.

Oh, ich liebe diese Tasche. Die Form, die Farbe, der unpraktische Riemen über die Oberseite! Neben ihr ruht das einzige (!) Paar ungetragener Schuhe im ganzen Haus. Nehmen wir uns einen Moment um diese Tatsache zu würdigen. Ich bin stolz auf mich.

Beloved mess.

Kaum zu glauben wie viele Röcke ich habe, noch weniger daß ich alle anscheinend im vergangenen Jahr schonmal anhatte. Das Mustergame ist stark in diesem Schrank, und hin und wieder schleicht sich sogar ein Teil in meinen grausam grau-beige-navyblau-schwarzen Arbeitsalltag.

Oh so stille Wasser.

How to pimp your Arbeitskleidung: man nehme die Hose vom tintenblauen Nadelstreif, ein schwarzes Wasserfalltop mit kurzen Ärmeln und ein Paar Kittenheel-Slings mit Schleife. Hört sich verqueer an, sieht aber aus wie Carrie Bradshaw, als sie sich bei der Vogue um den "Job" beworben hat. Zumindest in meiner Wahrnehmung. Und das reicht mir!

My keeper.

Das dritte Abteil gehört mehr gewürdigt, beherbergt es doch alle Mäntel, die im Moment keiner haben will, und all die Kleider, die ich endlich ausführen muß. Ein Knäuel Sportklamotten zeugt von dem dieswöchigen Versuch, auf den Crosstrainer zu steigen. Ja, Sport hilft angeblich gegen schlechte Laune und Streß. Meine schlechte Laune kommt aber vom Gedanken an Sport, und der Streß vom Wissen, daß ich mich mehr bewegen sollte. Ich bin gescheitert und stolz drauf!

So long...

Das Ende naht, und kurz vor knapp fällt die Bilanz positiv aus, wenn auch nicht ganz. Man sollte meinen, daß der Shopping-Detox neben den ganzen Stil-und-Inspirations-Benefits auch den Effekt hätte, daß mein Konto fett wird. Nunja, nö. Mein Budget ist für diesen und nächsten Monat bereits aufgefressen - und für Juli auch. Bäm! 

Was mich so teuer kommt ist mein Geschmack - Späßle gmacht. Was wirklich Geld kostet ist der Wunsch nach dauerhaften Teilen, nach Qualität. Ich orientiere mich nicht an Trends, vielleicht fehlt mir dazu die Wandlungsfähigkeit. Unter all den Schichten Stoff bin ich immerzu ich, und ich bin der Meinung das gehört so. Wenn ich mich also aufmache, um eine gute schwarze Alltagstasche zu finden, die meine Anforderungen erfüllt, und diese endlich finde, dann gebe ich für sie auch gern mal knapp 300 € aus. Für manche ist das viel zu viel Geld, für manche die Portokasse, für mich ist es mehr als mein Monatsbudget. Aber damit kann ich leben. Entweder spare ich zu anderer Zeit, verkloppe mehr auf Ebay oder leiste Abbitte. Ich muß meine eigene Inkonsequenz tragen - wenn sie mir so gut gefällt und meinen Alltag um so viel angenehmer und schöner macht gerne.

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