31. Juli 2016

An der Zeit

Time piece.

Heute schreibe ich gleich zwei Einträge, denn ich hatte einige Zeit zum Nachdenken. Soviel ich auch im letzten Jahr gelernt habe, so unvollkommen fühle ich mich noch, gemessen an den Erwartungen, die ich an mich selbst stelle. Es ist wahrscheinlich zu naiv gewesen, sich vorzustellen, nur noch bei Bedarf Neues anzuschaffen und alle Entscheidungen nach Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit zu treffen. Trotzdem streben wir alle danach.

Wie bei allen Zielen, die man sich setzt, sind die Hürden bis zum Erreichen desselben zahlreich und tückisch, und es ist völlig egal, an welcher Hürde man scheitert, sei es die erste oder die letzte: das Ziel ist nicht erreicht. Man kann aufgeben, man kann lernen und es dabei bewenden, oder man kann immer wieder angreifen. Fest steht: wirft man die Flinte ins Korn, dann ist alle Anstrengung vergebens, alle Mühen verloren. 

Meine Bilanz fällt gemischt aus, in Kurzform habe ich meinen Bestand verringert und die Qualität und Alltagstauglichkeit meiner Garderobe erhöht. Mein Kleiderschrank ist mir um einiges sympathischer, und ich ziehe mich gern an. Demnächst gehe ich auf eine zweiwöchige Dienstreise quer durch Asien, und ich bin bei dem Gedanken, für zwei Wochen bei Hitze und Schwüle Geschäftskleidung zu packen, entspannt wie nie.

Jedoch verbringe ich immer noch Stunden damit, in Onlineshops nach Neuem zu suchen. Immer mal wieder erreicht ein Paket meine Haustür, meistens schicke ich den Inhalt komplett zurück, aber die Sucht nach Neuem ist nach wie vor nicht beendet. Zudem sagt mir mein Budget, daß ich den Monat bereits fast ausgeschöpft habe. Und ich spreche vom kommenden Monat.

Wie immer bei einer solchen Situation ist man frustriert und will alles hinschmeißen. Aber lieber bleibt man auf der Leiter stehen, als wieder herunterzusteigen, auch wenn man im Moment glaubt keinen Schritt mehr weiterzukommen. Was hilft, ist eine Analyse der Situation. Dazu kann ich herzlichst einen Post von Anuschka empfehlen, sie hat gerade erst über Menschen geschrieben, die als Hobby Shoppen angeben:

http://into-mind.com/blog/2016/7/25/why-shopping-is-a-bad-hobby-and-what-to-do-instead

Ich habe Shoppen nie als Hobby angesehen und offen gesagt die Leuze als verrückt betrachtet, die so etwas tatsächlich tun. Wahrscheinlich bin ich zu alt, nicht Teil der Turbo-Konsumgesellschaft oder zu kritisch gegenüber anderen oder mir selbst. Letzteres hat mir aber geholfen, mein eigenes Verhalten zu hinterfragen, lange bevor Anuschkas Post geschrieben wurde.

Wer kennt das nicht: man sucht etwas bestimmtes, findet etwas total anderes und freut sich ein Loch in den Bauch über den Zufallsfund. Oder man geht kurz in Geschäft xy, um eine Trivialität einzukaufen (Socken, Haarbänder) und verläßt das Geschäft eine halbe Stunde später mit der perfekten Ergänzung zur Herbstgarderobe, die aus einem Mantel, zwei Pullovern und langen Lederhandschuhen besteht.

Fakt ist: ich habe diese Käufe nie bereut, sie sind aber nicht planbar. Sie kommen selten vor, sind aber trotzdem die Motivation, die mich immer wieder suchen läßt, die Pakete in meinen Flur zaubert und mich leider auch den Großteil (sprich: diesen Monat 100%) der Ware retournieren läßt.

Was sich allerdings planen läßt sind Notwendigkeiten, und um mein zielloses Herumwandern einzuschränken und den Blick wieder zu schärfen habe ich mir für die kommenden fünf Monate eine neue Aufgabe gestellt: Kaufen nach Liste. Hört sich bieder an, ist es sicherlich auch. Egal, ich bin hier um zu lernen, also versuchen wir es.

Die folgende Liste ist eine Mischung aus Dingen, die ich wirklich brauche, weil ich sie nicht besitze und misse, und Dingen, die ich schon lange suche weil sie absolut meinem Stil entsprechen:

1. hellblauer Mantel, am besten aus Wolle
2. Reisetasche, Leder oder Canvas
3. Rucksack, schlicht und klassisch
4. Hemd mit Kravattenprint (das ist dieses kleine blau-marineblaue Muster)
5. Celine Moonbag-Lookalike (halbrunde Crossbodybag), nicht-schwarz
6. Leo-Loafer oder weinrote Lederloafer
7. Kittenheels, Pfennig- oder Keilabsatz
8. Neckholder-BH aus schwarzer Spitze oder Baumwolle, Multistrap
9. Chronograph
10. +X

Der letzte Punkt ist ein Bonus, denn momentan haben wir Hochsommer und ich möchte die Liste bis Ende Dezember pflegen. Wer weiß was mir einfällt, sobald es kälter wird. Die Uhr tickt ab morgen, 1. August, und das ist recht wörtlich zu nehmen, denn den neunten Punkt habe ich bereits abhaken können. Der "Chronograph" von Esprit ist mein erstes Wunschteil, das ich für diese Liste gefunden habe. Abseits der Liste dürfen nur Dinge ersetzt werden, die kaputt gegangen sind - also keine weiteren Käufe. Ich bin gespannt und skeptisch, ob ich durchhalte, freue mich aber auch auf das, was ich lernen werde.

The long goodbuy

Nein, das ist kein Typo, sondern ein kläglicher Versuch eines kleinen Wortspiels.

Zwei Monate habe ich meine Empties gesammelt und mir über diese liebevolle Bezeichnung Gedanken gemacht. Sosehr wir auch neue Kosmetika lieben, so sehr herzen wir doch die leeren Verpackungen, weil sie das Gewissen zumindest scheinbar entlasten, das nach einer völlig überflüssigen Douglas-Bestellung doch schon wieder arg schimpft.

Doch zum Thema, was gibt diesen Monat dem gelben Sack sein Wohlfühlgewicht?

Bye bye good buys.

Von links oben im Uhrzeigersinn:

balance me super toning body wash - ich weiß nicht, was super toning ist und an dieser Stelle habe ich zu viel Angst zu fragen... roch seltsam, hat geschäumt, ich denke mal das ist ok. Weiß aber auch nach Aufbrauch nicht, was ich damit anfangen soll.

l'Occitane Crème á mains lavande - meine Lieblings-Handcreme, die dazu noch unglaublich ergiebig ist. Sie pflegt sehr gut, zieht sofort ein und umgibt die eigenen Hände den ganzen Tag mit einem zarten Lavendelduft, sodaß ich immer wieder verstohlen daran rieche. Meine Nummer eins, mit der sich alle anderen messen müssen.

Clinique Chubby Stick super strawberry - der ulitmative MLBB-Stick (=my lips but better; nicht daß ich mit meinen Lippen ein Problem hätte, beschreibt den Farbeffekt aber gut). Schon so lange in meinem Besitz daß ich mich nicht traue, nachzurechnen wie lang. Pflegt die Lippen, ohne daß man spürt daß irgendetwas auf ihnen ist, färbt sie gleichmäßig und dezent. ergiebig wie Hölle und riecht nach nichts. Schmeckt natürlich auch nach nichts, ich hasse Lippenstifte die nach irgendwas schmecken, außer sie sollen es. Also, wo war ich? Super Produkt, in der Kategorie tönende Pflegestifte die Nummer eins, wenn auch nicht preiswert. Die unanständig lange Nutzungsdauer macht das aber wieder wett, denn er trug sich am letzten Tag auf wie am ersten.

Dove Deo go fresh - nach zu vielen Versuchen, ohne Aluminium und Alkohol auszukommen, immer noch mein Go-To und die Notfallversicherung auch im Sommer.

ebelin Nagellackentferner mit Mandelduft - so unwahrscheinlich es klingt, der riecht echt nach Mandeln! Und er entfernt Nagellack, ohne die Nagelhaut allzu sehr auszutrocknen. Dazu noch günstig - mein Standard unter den Nagellackentfernern.

Nivea Deo Stress Protect Mini - war im Reisegepäck, hat seinen Job gut gemacht. Ich versuche aber, mich nicht mehr zu stressen, das hilft wahrscheinlich ebenfalls.

innisfree Tuchmaske Aloe vera - hatte einen Erste-Hilfe-Einsatz nach einem zu langen Sonnenbad, hat sehr gut getan. Gehört definitiv zu meinen innisfree-Lieblingen, eine Rangliste der Tuchmasken muß ich aber noch erstellen.

2. Juli 2016

Was vom Jahre übrigblieb


Ein Jahr. Ein ganzes Jahr. Ungezählte Kleidungsstücke, Neuzugänge und Aussortierte haben Kleiderstange, Schuhschrank und Ankleidezimmer gesehen in dieser Zeit. Viel Aufwand, der sich aber gelohnt hat: ich habe wieder Spaß an meiner Kleidung und endlich, endlich wieder "etwas anzuziehen" nach all dem Chaos. Vorher-Nachher-Bilder gefällig?

This is where we started...

this is where we are.

Wie Sie sehen sehen Sie wenig. Kaum zu fassen,aer ein gutes Drittel der Mittelkonsole ist für Bettwäsche und Badetücher frei geblieben, und wenn ich die Ablageflächen auf den Schuhschränken mitnutze wird hier noch mehr frei. Eindrucksvoller ist das Bild mit geöffneten Türen:

Alles meins... alles meins!

Da die Türen nicht freiwillig offenbleiben durften drei Pumps aushelfen. Das ist jetzt also mein ganzer Besitz in Sachen Garderobe - minus die Schuhe in Nutzung, die sich im Schuhschrank befinden. Ganz oben auf den Brettern habe ich die Winterschuhe verstaut, auch die eine oder andere Handtasche im Staubbeutel. Die Höhenunterschiede der Kleiderstangen werden mir jetzt zum ersten Mal bewußt, leider ist neben dem Schubladenelement wirklich viel Platz verschenkt. Ganz links sind Freizeitklamotten, auf dem Brett oberhalb der Stange alle Hosen und Shorts, daneben Clutch-Taschen. Ich habe einige. Darunter gefaltete Tops und Pullover, zur Zeit nur federleichte. In der Mitte meine Arbeitsgarderobe, die um einiges farbenfroher und attraktiver geworden ist. Die rechte Seite ist bevölkert von Sportklamotten und Pyjamas (oder was ich stattdessen trage) auf dem Brett, darunter Sommerkleider, Lederjacken, Mäntel und mein Kimono. Zwei Paar Stoffschuhe und meine Schlappen warten ganz unten auf sporadische Ausflüge.

Weiter geht's mit der Panorama-Ansicht:
Haufen!

Einer muß immer der letzte sein.

Wow, was für eine schiere Menge! Damals hatte ich noch zwei große Klapp-Kleiderstangen im Einsatz, und sie haben sich unter ihrer Last durchgebogen. Am Stichtag, den 30. Juni, hing nur noch eine verlegen aussehende ärmellose Seidenbluse auf dem letzten Bügel. Sie ist und bleibt mir zu klein. Das habe ich hoffentlich gelernt: geknöpfte Oberteile müssen Spiel haben und sehr gut sitzen, denn die Oberweite spielt prinzipiell gegen Dich.

So sah es hier vor einem Jahr aus.

Status quo, 30. Juni 2016.

Stapelweise Kleidung, die laut Volumenrechnung niemals in den Kleiderschrank passen kann. Heute sind viele der Teile nicht mehr bei mir, trotz munterem Einkaufen muß ich meine Garderobe also reduziert haben. Die beige-schwarze Tasche ist zur Zeit im Einsatz, und ich finde es extrem entspannend, einen Platz für sie zu haben. Der hintere Schrank ist übrigens leer, mal sehen wo er eine neue Aufgabe in unserem Haus findet. Wollen wir mal die Schuhe anschauen?

My precious.

Toll, ich sehe die Sammlung und hab soviel Auswahl, wie ich immer wollte. Sogar nicht-schwarze Arbeitsschuhe sind dabei! Das wichtigste ist jedoch: jeder, wirklich jeder Schuh, der in meinen Schränken steht, ist bequem. All die schicken Treter, die mich nach ein paar Stunden gequält haben, sind passé.

Welches Resümée kann ich nach einem Jahr ziehen? Fangen wir mal von vorne an. Was war meine Motivation? Was hab ich gelernt und was nicht?

Ich hatte keinen Überblick mehr über meine Garderobe.
Das hat sich radikal geändert, siehe Fotos oben. Es ist nicht nur alles übersichtlich angeordnet, dadurch daß ich alles die letzten 365 Tage mindestens einmal getragen habe bin ich mit meinen Kleidungsstücken jetzt wieder per Du.

Schrankleichen nahmen Platz weg, den ich brauchte.
Die toten Teile sind alle rausgeflogen. Vielleicht auch das ein oder andere scheintote, was solls. Bei ein paar Kategorien habe ich mir einfach eine Maximalzahl gesetzt und den Rest entsorgt. Klingt radikal, bringt aber zum Vorschein was man wirklich braucht und was man eigentlich nur hat.

Ich stand vorm Schrank und hatte nichts anzuziehen.
Da ich ein guter Kombinierer bin war das wirklich seltsam. Während des Experiments gab es jedoch einige Augenblicke, als mit der Geistesblitz aus dem Nichts traf. Ich hielt ein Teil in der Hand und begriff plötzlich: ich kann Dich nicht leiden. Aus unterschiedlichen Gründen: es war an einer Stelle zu eng, es war formlos, es war nicht meine Farbe. Ganz egal, aber unterschwellig produzierte es allein beim Anschauen schlechte Laune. Heute will ich am liebsten alles tragen.

Fehlkäufe sind die Pest.
Mottet man den Schrank aus kann man auch die Fehlkäufe alle mal auf einen Haufen werfen. Das ist ein sehr aufschlußreicher Prozeß, weil man sich Gedanken machen muß, was einen Fehlkauf ausmacht. Bei mir war meist die Farbe oder die Qualität das Problem, während der Zeit habe ich mir eine Shopping-Blacklist geschrieben. Darauf die Marken, die mich in bestimmten Kategorien (oder allen) fast immer enttäuscht haben. Ihr verführt mich also nicht mehr.

Was ist mein Stil?
So aneinandergereiht und auf Fotos festgehalten kann man den Hinweisen auf die eigenen Vorlieben eigentlich gar nicht entkommen. Ich scheine kleine Muster zu lieben, Blautöne, möglichst fließende Kleidung, grobes Leinen und Erdtöne bei Ledertaschen. 

Spaß an Mode, geht das?
Hand aufs Herz: ich wollte mich für immer vom Thema "Kreativ mit Kleidung" verabschieden und mein Leben in der Arbeitsuniform (Hosenanzug) und der Freizeituniform (Jeans und T-Shirt) fristen. Möglichst alles in Neutralfarben, weil es so leicht zu kombinieren ist. Das ist heute anders: das Experiment zwingt zum Umdenken und Ausprobieren. Ockergelbe Print-Capri mit lilafarbenem Uboot-Top? Hochgekrempelte Khakibluse mit rostrotem Faltenrock? Wäre ich von allein nicht darauf gekommen. Dabei bewundere ich diese Kombinationen immer in Frauenzeitschriften oder Modekatalogen - ich bin schon ein Rindvieh.


Und wie geht es weiter? Die Kleiderstange wandert ins Gästezimmer, der Blog in die Versenkung? Nein, ich habe vor, mich weiter lose mit diesem und anderen Themen zu beschäftigen und auch darüber zu schreiben. Den Shopping-Kompass (aka Blacklist) möchte ich noch ein wenig pflegen und dann kommentiert hier einstellen. Vielleicht ist meine Makeup-Sammlung mein nächstes Ziel?













Eins noch: ich wollte Danke sagen an die Leser, die meine Post kommentiert haben. Das motiviert und bedeutet mir viel, freue ich mich doch sehr daß jemand Interesse an meinem kleinen Experiment hat und vielleicht sogar einen Nutzen daraus zieht. Und sei es nur die Idee, daß eine Frau ein ganzes Jahr gebraucht hat, nach dem Umzug ihren Kleiderschrank einzuräumen. :-)